TED ist eine kleine gemeinnützige Organisation die sich dem Motto “Ideas Worth Spreading” verschrieben hat. Seit 1984 versucht TED im Rahmen einer Konferenz, Menschen aus drei Welten zusammenzubringen: Technologie, Entertainment, Design. Im Laufe der Zeit hat sich das TED-Spektrum erheblich erweitert. Neben zwei jährlichen Konferenzen – der TED-Konferenz im Frühjahr in den USA und der TEDGlobal-Konferenz im Sommer in Oxford, UK – umfasst TED seit einigen Jahren auch die preisgekrönte TEDTalks Video-Website. Dieser Versuch, die TED-Ideen mit der Welt zu teilen zog rasch ein weltweites Publikum an. Einige halten TED nunmehr für die Universität des 21 Jahrhunderts. Gewiss sind die Vorträge inspirierend. Allerdings kann ein zehn- bis zwanzigminütiger TEDTalk oft nur genau das sein und nicht mehr: Inspiration, ein Einstieg, ein Anstoß, den Rest müssen andere leisten und nicht zuletzt jede(r) selbst.
Andreas Schleicher ist Leiter der PISA-Studie der OECD. Er spricht in diesem Vortrag darüber, wie es erfolgreichen Bildungssystemen gelingt, das Potenzial der Verschiedenheit von Lernenenden zu nutzen. In Deutschland wirkt sich diese Heterogenität derzeit noch immer und in erster Linie als Benachteiligung von Kindern aus weniger priviligierten Bevölkerungsgruppen aus. Neben allen Ranglisten förderte der PISA-Schulleistungsvergleich in den letzten Jahren auch immer wieder folgende Erkenntnisse zutage:
– Ein vergleichsweise großer Anteil der Leistungsunterschiede lässt sich in Deutschland durch den sozioökonomischen Status der Eltern erklären.
– Bedingt durch das gegliederte Schulsystem bestehen große Leistungsunterschiede zwischen den Schulen. Diese sind ungefähr doppelt so groß wie im OECD-Mittel.
– Jugendliche mit Migrationshintergrund zeigen deutliche geringere Leistungen als einheimische Schüler und das über die sozioökonomischen Effekte hinaus.
– Bei Migranten zweiter Generation ist der Abstand zu einheimischen Schülern mit 93 Punkten so groß wie in keinem anderen OECD-Land.
Der Tractatus logico-philosophicus ist das einzige Buch des österreichischen Philosophen
Ludwig Wittgenstein, das zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde. Es war ein ehrgeiziges Projekt, das die Beziehung zwischen Sprache und Wirklichkeit und die Grenzen der Wissenschaft ergründete um festzustellen: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Wittgenstein schrieb den Tractatus in seiner Zeit als Soldat und als Kriegsgefangener während des Ersten Weltkriegs.
Vor einigen Jahren erstellte Jonathan Laventhol eine erste Hypertext-Version des zweisprachigen deutsch-englischen Ausgabe des Tractatus als private Lernhilfe. According to him, the reader will have to make up his own mind about whether such a tool helps or hinders the appreciation of the book. Er meint, jeder Leser müsse selbst entscheiden, ob eine solche Aufbereitung dem Buch angemessen und hilfreich oder eher hinderlich sei.
Michele Pasin, ein Forscher am Londoner King’s College, erstellte eine weitere HTML-basierte Visualisierung des Tractatus, die versucht die Registerkarten als Darstellungsform zu nutzen. Diese Aufbereitung war Teil des PhiloSURFical-Projekts welches Pasin während seiner Doktorarbeit am Knowledge Media Institute entwickelte.
In den meisten Ländern ist der Originaltext mittlerweile im Rahmen des Gutenberg-Projektes frei verfügbar. (www.gutenberg.org/ebooks/5740). Dennoch bleibt das einfache Buch immernoch den besten Zugang zum schwierigen Text.
Und wenn man immer noch Verständnisprobleme hat, fragt man am besten Leute wie John Searle, alles das was der Fall ist ein wenig näher zu erläutern.
Schließlich bin ich mir nicht sicher, ob Wittgenstein die Hypertext-Variante seinen Notizzetteln vorgezogen hätte. Aber ich bin überzeugt davon, dass verschiedene Wege zur Erkundung eines Textes dem Verständnis nur zuträglich sind.
Den Overhead-Projektor findet man in vermutlich jedem Klassenzimmer und er dürfte nicht wenige Schüler und Studenten während endloser Präsentationen zum Einschlafen gebracht haben. Blair Neal aus New York hat jetzt das vermutlich glanzloseste Stück Bildungs-Technologie aufgepeppt und in ein interaktives Musikinstrument verwandelt.
Seine Installation umfasst einen alten Overhead-Projektor, eine Kamera, einige bunte Stifte und einen Laptop. Alles zusammen verwandelt sich in ein verspieltes Kunstwerk. Neal selbst beschreibt seine Installation als eine inverse Farborgel, die sich wie ein Klavier spielen lässt. Man kann verrückte Dinge zum Spaß zeichnen und vertonen oder komplizierte Songs schreiben, wenn man sich beim Zeichnen an MIDI-Sequenzern orientiert. Entwickelt in Max/MSP und Jitter.
Dieses Bild aus der Library of Congress trägt den Titel: „Lehrer schocken Studenten an der George Washington University, Washington, DC, 2. August“. Das Bild erinnerte mich daran, wie seltsam der Einsatz von Technologien in der Bildung einige Jahre oder Jahrzehnte später mitunter anmuten kann. Die so genannte Schock-Maschine, die von Dr. Willard Hayes Yeager erfunden wurde, soll die Rhetorik der Studenten verbessern und die „ahs“, „ähms“ und „jas“ aus ihrer freien Rede heraushalten. Auf dem Photo ist Dr. Yeager zu sehen, wie er Jane Hampton, 17, die Schockelektroden anlegt.
Wenn die Studenten bei der öffentlichen Rede einen Fehler begingen, machte sie der Professor am anderen Ende des Raumes durch einen sanften Elektroschock darauf aufmerksam. Vielleicht gelang es so tatsächlich, einige „ähms“ zu verhindern, aber es dürften auch einige schmerzliche „ahs“ hinzugekommen sein. Werden die Menschen in etwa 70 Jahren genauso zurückblicken und sich fragen, was wir damals taten, um neue Technologien im Bildungsbereich einzuführen? Wahrscheinlich werden sie das.
Es war Louis Braille, ein Student am Königlichen Institut der jungen Blinden in Paris, der die „Nachtschrift“ der französischen Armee im Jahre 1821 abänderte und zu dem machte, was heute als Blinden- oder Brailleschrift bekannt ist. Zum ersten Mal in der Geschichte hatten blinde Menschen Zugang zu einer zuverlässigen Methode der schriftlichen Kommunikation, was zu einem signifikanten Anstieg ihres sozialen Status‘ führte. Louis Braille wurde als Befreier gefeiert.
Heute, im Zuge einer immer umfangreicheren Digitalisierung von geschriebenen Wörtern und schriftlicher Kommunikation bieten MP3-Player, Hörbücher und Screenreader-Software echte Alternativen zur Brailleschrift und ermöglichen blinden Menschen den Zugang zur geschriebenen Sprache, ohne überhaupt Braille lesen oder schreiben zu können. Einem Bericht des Nationalen Blindenverbandes der USA zufolge erlernen weniger als 10 Prozent der blinden Amerikaner heute noch die Brailleschrift. In den 1950er Jahren waren es noch mehr als die Hälfte aller blinden Kinder.
Es gab in den letzten Jahren eine große Debatte, ob dies die kognitive Entwicklung beeinflusse oder nicht. Und sicherlich hat der Übergang von der schriftlichen zur gesprochenen Sprache sehr weitreichende Konsequenzen, wobei diese wohl mehr kultureller als kognitiver Natur sein dürften. Es geht nicht zuletzt darum, eine eigene Möglichkeit der Kommunikation zu verlieren und die Diskussion dieser Frage wird mindestens genauso leidenschaftlich geführt, wie die Debatte über Cochlea-Implantate für Gehörlose und deren Einfluss auf die Verwendung der Gebärdensprache. Sie ordnet sich letztlich ein in die Debatte um die abnehmende Sprachenvielfalt im Allgemeinen.
Ich möchte hier aber eher die Entwicklungen von neuen Technologien und Braille zum Erlernen des Lesens und Schreibens in den Schulen generell in Beziehung setzen. Denn obwohl für Sehende der Übergang von geschriebenen und gedruckten Texten hin zu digitalen Darstellungsformen etwas fließender und in gewisser Weise unmerklicher verläuft, ist er dennoch nicht zu verleugnen und wird weitreichende Konsequenzen haben: Was wir heute noch unter Spracherwerb und Alphabetisierung (engl: literacy) verstehen, wird sich vermutlich schon bald stark verändern. Im Zuge der Entwicklung neuer Technologien wird Literacy schwerer zu definieren sein.
Wer erinnert sich eigentlich noch an das Schönschreiben? Während die Handschrift noch im vorigen Jahrhundert für offizielle Schreiben und Dokumente unerlässlich war, ist sie dies heute längst nicht mehr. Ganz im Gegenteil, für die meisten offiziellen Dokumente wird heute ein Computerausdruck erwartet und die meisten Leute benutzen Handschrift, wenn überhaupt, dann nur noch für persönliche Notizen und Merkzettel. Man könnte das Erlernen der Handschrift deshalb durchaus gänzlich in Frage stellen. Vor einigen Jahrzehnten prognostizierten Experten bereits, dass das elektronische Zeitalter eine post-literate Gesellschaft hervorbringen würde, in der neue mediale Formen wichtiger seien als das geschriebene Wort. Marshall McLuhan, ein kanadischer Philosoph und Gelehrter, wohl am besten bekannt für den von ihm geprägten Ausdruck „globales Dorf“, behauptete in Understanding Media: The Extensions of Man (1964), dass die westliche Kultur sich hin zu einer „mündlich geprägten Stammeskultur“ entwickeln würde.
Die Frage stellt sich heute im Globalen Dorf neu: Brauchen wir die Schreibschrift überhaupt noch zu unterrichten, um Menschen das Lesen und Schreiben beizubringen? Sicherlich nicht und auch die Konsequenzen wären vermutlich alles andere als schrecklich. Schließlich ist der Aufbau unseres Gehirns flexibel. Beispielsweise übertreffen blinde Menschen in aller Regel Sehende wenn es um das verbale Gedächtnis geht. Dies fand zuletzt eine Studie heraus, die in Nature Neuroscience veröffentlicht wurde.
Statt die Schreibschrift zu lehren, wäre es eher angebracht, digitaler Bildung einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen. Nicht zuletzt deshalb, weil auch beim standardisierten Testen immer stärker neue Technologien zum Einsatz kommen. Ab dem Jahr 2011, müssen amerikanische Schüler der 8. und 11. Klassen den schriftlichen Test der National Assessment of Educational Progress (NAEP) auf dem Computer absolvieren. Für Schüler der 4. Grundschulklasse gilt das gleiche ab dem Jahr 2019. Zwar liegt Deutschland, was das standardisierte Testen zur Schulentwicklung angeht, noch um Jahre zurück, allerdings sind auch hier seit PISA, TIMSS und den Bildungsstandards solche Testverfahren keine Seltenheit mehr. Und es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis auch hier das Testen auf Computerbasierte Lese und Schreibaufgaben umgestellt wird.
Zwar könnte man argumentieren, dass die Frage von Prüfungen und Unterricht nur eine neue Form der Frage: „Was war zuerst, das Huhn oder das Ei?“ darstellt. Ich würde jedoch behaupten, dass auch ungeachtet aller Prüfungen und Tests innerschulische und außerschulische Bildung sich zukünftig verstärkt digitale Kompetenzen konzentrieren muss und weniger Kalligraphie.
Schließlich werden neue Technologien nicht nur unseren Zugang zum Lesen und Schreiben verändern, sondern auch die Art, wie wir Kunst, Musik, Mathematik, Naturwissenschaften, Fremdsprachen und Literatur lehren, lernen und wahrnehmen. Und wie wir uns an demokratischen Entscheidungsprozessen beteiligen können. Ich bin neugierig und gespannt auf die neuen Ansätze und sehr froh, in einem globalen Dorf leben.
Der erste digitale Kluft haben Schulen erfolgreich überwunden, aber eine zweite tut sich auf. Das fand eine Studie der OECD heraus.
Der Begriff Digitale Kluft (engl.: digital divide) kam in den 1990er Jahren auf, als sich das Internet seinen Weg ins öffentliche Bewusstsein bahnte. Es beschreibt die Kluft zwischen Menschen mit Zugang zu Informationstechnologien und solchen ohne Anschluss. Digitale Kluft beschreibt also jene Lücke, die sich im globalen Dorf mit 100 Bewohnern zwischen den 7 Personen mit Computer und dem Rest auftut.
Die OECD-Studie fand heraus, dass jemand, der in einem reichen Land Industrieland lebt, wahrscheinlich unter den 7 Personen sein würde, die Zugang zu einem Computer haben. Was die Schüler in den Schulen betrifft, zeigt sich ein noch positiveres Bild: In fast allen OECD-Ländern besuchen alle Schüler Schulen, die mit Computern ausgestattet sind. 88% der Computern an den Schulen sind an das Internet angeschlossen.
Aber das Problem ist damit längst nicht abgeschlossen. Laut der Studie macht der Computerzugang vor allem dann einen Unterschied bei den schulischen Leistungen aus, wenn die Schüler über die richtigen Kompetenzen, Fähigkeiten und Einstellungen verfügen, um die neuen Technologien effektiv zu nutzen. Ist dies nicht der Fall, scheint es egal zu sein wie viel Zeit Schüler vor dem Computer verbringen, der erwartete Mehrwert für das Lernen geht verloren.
Oft werden politische Entscheidungen zu neuen Technologien in Schule und Unterricht damit für abgeschlossen erklärt, dass man Computer und Hardware in den Schulen aufstellt. Das wäre allerdings so, als würde man sagen: „Hier ist ein Buch. Hier ist ein Blatt Papier. Hier ist ein Stift. Jetzt kannst du lesen und schreiben!“ Niemand würde ernstlich behaupten, dass dies der richtige Ansatz ist, um Schülern das Lesen und Schreiben beizubringen. Überraschenderweise und ganz im Gegensatz dazu, gehen viele Politiker immer noch vom Papier-und-Stift-Ansatz aus, wenn sie über den Einsatz von neuen Technologien in Schule und Unterricht entscheiden. Michael Trucano von der Weltbank veröffentlichte kürzlich eine sehr aufschlussreiche Liste über Worst Practice beim Einsatz von Technologien im Bildungsbereich (auf englisch).
Wer nun damit einverstanden ist, dass sich Analphabetismus nicht allein mit Papier und Stift bekämpfen lässt, würde wahrscheinlich auch zustimmen, dass der Kampf gegen die digitale Kluft nicht damit abgetan ist, Computer im Klassenzimmer aufzustellen. Dies kann nur Bedingung der Möglichkeit der Bekämpfung der wahren digitalen Kluft sein. So identifiziert die OECD-Studie denn auch eine „neue“ zweite Form der digitalen Kluft zwischen denen, die über die richtigen Kompetenzen und Fähigkeiten verfügen, um von der Computernutzung zu profitieren, und denjenigen, die diese nicht zu haben. Für mich und viele andere ist dies zunächst einmal nichts Neues, denn zumindest bei mir hat es immer eine digitale Kluft gegeben, z.B. zwischen meinen Großeltern und mir, und das Anfang des Informationszeitalters an.
So ist dann auch die OECD-Studie im Jahr 2010 weniger bemerkenswert im Sinne neuer Erkenntnisse, als vielmehr dafür, dass sie weitere Diskussionen und Debatten unter Politikern und Pädagogen anstoßen könnte, darüber was digital literacy (engl.: digitale Lesekompetenz) wirklich ausmacht. Letztlich besteht genau darin die große pädagogische Herausforderung für viele Länder auf dem Weg von der Industriegesellschaft zur lernenden Wissensgesellschaft.